Diplomarbeit

 

marsilea quadrifolia

Verbreitung und Reproduktions-Ökologie von

Marsilea quadrifolia in Deutschland

Christina Seidenstücker

Zusammenfassung

Marsilea quadrifolia siedelt als Pionierpflanze in der Regel an Seeufern, langsam fließenden Flüssen, in Teichen, Wasserlöchern, Pfützen und Straßengräben (GOPAL 1968a). Bei der eher konkurrenzschwachen Pflanze ist das Vorkommen auf offene Standorte beschränkt; sie verschwindet, sobald konkurrenzstärkere Pflanzen sich am Wuchsort etablieren können. Sie ist aus diesem Grunde in ihren Verbreitungsgebieten nur fleckenhaft anzutreffen und war in Deutschland zu keiner Zeit häufig. Seit 1964 gilt der Kleefarn in Deutschland als ausgestorben.

Aktuell häufen sich die Indizien, die auf eine Regeneration des Kleefarn-Bestandes in Deutschland hinweisen. Ende der 80er wurde ein Wuchsort von Marsilea quadrifolia in der Nähe von Karlsruhe gemeldet (PHILIPPI, MÜLLER, mdl. Mitt.), 1991 wurde ein Vorkommen bei Ludwigshafen bekannt (LANG 1992) und in der Datenbank der ZENTRALSTELLE FLORISTISCHE KARTIERUNG-DATENBANK GEFÄSSPFLANZEN waren 5 weitere aktuelle Vorkommen angezeigt. Doch wurden diesen Meldungen von Seiten vieler Pteridologen eher wenig Beachtung geschenkt. Es wurde vermutet, daß aus falsch verstandenem Artenschutz die Pflanze durch den Menschen an die jeweiligen Wuchsorte ausgebracht worden war. In der Roten Liste der Bundesrepublik Deutschland ist Marsilea quadrifolia aus diesem Grund noch immer in der Kategorie 0 (= ausgestorben) geführt (KORNECK et al. 1996). Diese Arbeit nimmt eine Überarbeitung der vorhandenen Daten vor.

Es ergaben sich insgesamt 6 Wuchsorte, an denen Marsilea quadrifolia mit hoher Wahrscheinlichkeit angesalbt wurde oder synanthrop vorkommt. An keinem dieser Wuchsorte konnte der Kleefarn in der Vegetationsperiode des Jahres 1997 nachgewiesen werden. An zwei aktuellen Wuchsorten in Deutschland (bei Mörsch/Baden-Württemberg und bei Altrip/Rheinland-Pfalz) wurden standortökologische (autökologische, populationsbiologische und vegetationskundliche Daten) Parameter erhoben. An diesen beiden Wuchsorten weisen vielfache Indizien auf eine natürliche Regeneration des Kleefarns hin. Beide Bestände befinden sich im Naturraum der Rheinniederung, in der der Kleefarn historisch verbreitet war. Die Auswertung der Bodenparameter ergaben für beide Populationen einen Pseudogley unter dem Einfluß von Stauwasser und periodischen Überschwemmungen. Aus Artenschutzgründen wurde nur der Wuchsort bei Mörsch bodenkundlich näher untersucht: der Kleefarn siedelt hier auf einem tonigen Substrat mit einer sehr hohen Humusqualität. Der Standort ist als eher mesotroph zu bezeichnen und weist eine mäßig saure Bodenreaktion auf. Unter Laborbedingungen zeigt Marsilea quadrifolia maximale Keimhäufigkeiten sowie Gametophytenbildung in einem Bereich zwischen pH 5 und 7. Das physiologisches Optimum stimmt hier also mit den Werten am Wuchsort überein. Darüber hinaus ist der Inhalt des Sporokarps in der Lage, den pH-Wert der Umgebung zu verändern und so das Keimmilieu zu optimieren.

Für die Population bei Mörsch wird eine Regeneration aus einer im Boden überdauernden Sporokarpienbank angenommen. Innerhalb der Sporokarpien kann die Keimfähigkeit von Sporen über mehrere Jahrzehnte erhalten bleiben. Die höchste je untersuchte Zeitgrenze für Marsilea quadrifolia liegt bei mindestens 30 Jahren (BLOOM 1953). Der geringe Keimverlust über diesen Zeitraum läßt auf eine höhere Grenze schließen, doch erbrachten in dieser Arbeit durchgeführte Versuche mit über 100 Jahre altem Herbarmaterial negative Ergebnisse. Für den Wuchsort bei Altrip ist eine Regeneration aus einer historischen Sporokarpienbank ebenfalls möglich, doch wird eine Ansiedlung über epizoochor eingebrachtes Sporokarpienmaterial vermutet. Sporokarpien können in der Magen-Darm-Passage von Wasservögeln über beträchtliche Strecken verbreitet werden. Eine Besiedlung eines neuen Standortes geschieht in der Regel über ein einzelnes Sporokarp (HOLDEREGGER & SCHNELLER 1994). Keimungsökologische Untersuchungen wiesen intergametophytische Selbstbefruchtung nach. Parthenogenese spielt nur eine untergeordnete Rolle. Unter aquatischen Bedingungen vermehrt sich der Farn vorwiegend vegetativ und kann so ausgedehnte Klone bilden. Eine Populationsgenetische Untersuchung an einem Standort im Sundgau erbrachte keine genetische Variabilität innerhalb der untersuchten Population. Diese Population schloß einen Fischteich, der etwa 250 m im Umkreis maß, vollständig ein und bedeckte die Wasserfläche fast gänzlich. Das Ergebnis läßt auf ein einziges Ansiedlungsereignis schließen. Die vegetative Vermehrung scheint in der Reproduktionsbiologie eine bedeutende Rolle zu spielen. Nur unter terrestrischen Bedingungen werden Sporokarpien ausgebildet. Darüber hinaus konnten in Keimversuchen nur geringe Keimerfolge erzielt werden, wobei der Erfolg stark vom jeweiligen Sporokarp abhängt. Die Sporophytenbildung war sehr gering, dadurch daß Mikro- und Makrosporen eine unterschiedliche Keimfähigkeit aufweisen und der Erfolg dichteabhängig ist. Der Vergleich von isoenzymatischen Daten von Pflanzen an Wildstandorten und solchen aus Kultur, erbrachte eine Ähnlichkeit der Bandenmuster der jeweiligen Gruppe untereinander. Dieses Ergebnis weist von einer Ansalbung an den beiden Wuchsorten in Deutschland weg.

Während der Kleefarn bei Altrip auf einer offenen Wasserfläche als Wasserform vorkommt, ist bei Mörsch die Landform anzutreffen. Der Wuchsort bei Altrip zeigt Anklänge einer Laichkraut- oder Strandlingsgesellschaft, dem Littorellion uniflorae. Bei Mörsch erreicht er hingegen nur noch untergeordnete Bedeutung. Hier hat sich im Laufe der Sukzession eine Verlandungsgesellschaft ausgebildet, innerhalb der er von Röhricht- und Großseggenarten zurückgedrängt wird. Der Bestand erwies sich als minder vital, so daß Pflegemaßnahmen dringend angeraten sind. Da für den Wuchsort eine fertile Sporokarpienbank im Boden nachgewiesen wurde, kann sich die Population nach Durchführung solcher Maßnahmen wahrscheinlich wieder regenerieren.

Sporokarpien des Kleefarns zeigen eine `Keimruhe´, die durch Einwirkung hoher Temperaturen gebrochen werden kann. Die Dauer des Temperatureinflusses verkürzt sich, wenn das Material später im Jahr gesammelt worden ist. Indizien weisen darauf hin, daß die Keimruhe an einen prozentualen Wassergehalt des Sporokarpienmaterials gekoppelt ist. Die `Keimung´ des Sporokarps, an sich ein rein physikalischer Vorgang, soll bei Marsilea quadrifolia als einziger Art der Marsileaceae nur bei Dunkelheit stattfinden (BHARDWAJA & MOHAMMAD 1967). In hier durchgeführten Versuchen konnte dies nicht bestätigt werden. Weitere keimungsökologische Studien zeigten eine optimale Entwicklung im Temperaturbereich zwischen 20 und 25 °C. Ein inhibierender Effekt von hohen Temperaturen um die 30 °C und tiefen Temperaturen unter 15 °C konnte nachgewiesen werden. Die Entwicklung der Gametophyten ist bei diesen Temperaturen verlangsamt. Auch das Wachstum der Sporophyten ist gestört. Ein Vergleich des Wachstums unter unterschiedlichen Feuchtigkeitsverhältnissen zeigte, daß ein gestauchtes Wachstum der Landform schon für den Gametophyten nachweisbar ist: auf Agar aufgezogene Sporen zeigten eine verzögerte Keimung und geringeres Wachstum der Gametophyten im Vergleich zu den in Wasser aufgezogenen. 

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